Von Dani:

Für die Fahrt nach Sabi Sands Game Reserve haben wir unseren «Bekleidungs-Trick» ausgebaut. Wir fahren in der Ulovane Uniform, mit der Uniformmütze auf dem Armaturenbrett, damit wir möglichst offiziell und nicht wie Touristen aussehen. Wir haben auf dieser Fahrt diverse Polizeikontrollen passiert und wurden nie angehalten. Vielleicht hat unser Trick ja funktioniert?  Der letzte Teil unserer Fahrt ist eine Prüfung für unseren VW Vivo und uns. Mehr als zwanzig Kilometer auf gewellter Sandpiste, kommen wir weichgeklopft an der Lodge an. Während der Fahrt im Reservat passieren wir drei Giraffen und zwei Elefantenbullen in lediglich 15 m Distanz zur Strasse. Gerne hätte Regi nicht nur die Geschwindigkeit reduziert (Regi von 5km/h auf 2km/h) sondern bei den Elefanten angehalten um etwas zu verweilen, doch die Ohren spreizenden uns direkt anblickenden Jungbullen schienen uns, wie wenn sie mit unserem kleinen Vivo Fussball spielen wollten. Erstaunlich dass jeder Tourist, ohne Unterweisung, zwischen all den freilaufenden Wildtieren einfach selbst zur Lodge fahren darf.

Die vergleichbar günstige Arathusa Lodge in Sabi Sands ist eine Wucht. Unser Standardzimmer ist äusserst geräumig und stilvoll eingerichtet. Zu unserer speziellen Freude liegt es ganz vorn in der Häuserflucht gerade oberhalb des Wasserlochs, und unten an der sanft abfallenden 10m Grasrampe prusten in etwa ein Duzend Flusspferde mit Nachwuchs im seichten Wasser. So ist es auch  nicht verwunderlich, dass während unserem ersten Abendessen, typisch afrikanisches Braii (Fleisch vom Grill), eine Flusspferd-Mutter mit ihrem circa halbjährigen Jungen direkt vor unseren Tischen am Wasserloch grast. Dabei ist zu erwähnen – die Lodge ist nicht eingezäunt! Uns scheint, die Lodge-Betreiber haben ein äusserst grosses Vertrauen in ihre Wildtiere. Die einzige Weisung bei unserer Ankunft war: „Wenn du das Zimmer verlassen möchtest und ein grosses Tier steht davor, dann warte einen Augenblick bis es weitergezogen ist. Unter diesen Voraussetzungen ist mein weiter unten beschriebenes Erlebnis auch nicht verwunderlich.

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Übrigens dünkt uns, die Flusspferd-Damen an unserem Wasserloch hätten ein hoch entwickeltes Modebewusstsein, denn sie betonen ihre Körperformen mit einem Taillenband.

Sabi Sands macht seinem Ruf als Big Five (die 5 gefährlichsten Tiere in Afrika: Löwe, Leopard, Büffel, Elefant und Nashorn) und Leoparden Reservat alle Ehre. Wir sehen bei jeder Pirschfahrt mindestens mehrere der Grossen Fünf. Antilopen wie Nyalas, Kudus, Wasserbock, Gnu und Herden von Impalas werden auf den Fahrten nur noch kurz beachtet da es ausreichend berühmtere Tiere zu beobachten gibt. Besondere Highlights sind; eine Herde von über hundert Büffel die an unserem Fahrzeug vorbei über eine Ebene ziehen, inmitten einer Elefantenherde zu stehen und deren grummelden Kommunikation (vielfach als Magen-Grummeln bezeichnet) zuzuhören, eine Drohgebärde eines Nashorn Bullen uns gegenüber (er scharrt innert Sekunden ein metergrosses, tiefes Loch) und drei Leoparden Sichtungen. Einer Leopardin beim Trinken zuzusehen, dem mächtigsten Leoparden der Gegend in allernächster Nähe auf Augenhöhe gegenüber zu sitzen ist schon sehr eindrücklich, doch, einer Leopardin bei der Verführung eines Männchens beizuwohnen ist ein einmaliges Erlebnis. Sie faucht ihn an, steigt über ihn hinweg, wackelt mit ihrem Hintern vor seiner Nase, legt sich vor ihn hin, scharrt ihm mit ihren Hinterläufen Erde ins Gesicht – und und er erhebt sich jeweils nur gelangweilt, steigt unbeeindruckt über sie hinweg, zieht weiter um sein Revier zu markieren. Nach beinahe einer Stunde gibt er dann doch nach und paart sich einige Sekunden mit ihr (anscheinend dauert dies bei den Leoparden nicht länger, dafür tun sie dies öfter am Tag über mehrere Tage hinweg). Die Ladies auf dem Fahrzeug meinen, sie gäbe sich ihm ganz schön billig hin, doch genauer betrachtet ist diese Leopardin sehr clever. Da die Reviere der rivalisierenden Leoparden nahe beieinander liegen stellt die Leopardin sicher, dass sie mit ihrem Nachwuchs in allen Revieren jagen kann, ohne dass ein Männchen ihre Jungen tötet. Durch ihre Paarung empfinden diese den Nachwuchs als deren eigenen und entwickeln deshalb kein Konkurrenzverhalten.

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Spät Nachts, es ist in etwa Halb Zehn und somit weit nach «Buschmitternacht» und stock finster, sitze ich noch auf unserer Veranda, oder besser gesagt hänge ich in meinem Sessel. Ich höre rechts von mir Schritte im Gras, schp – schp – schp – schp, leichtfüssig, regelmässig und rasch, aha – Vierfüsser und kein Nachbar, und sehe aus meinem Augenwinkel einen Hund hinter meiner Verandasäule in Richtung meiner Veranda verschwinden. Noch immer im Schatten wird er vier Meter vor mir erneut sichtbar. Erst seine Schnauze – markant und wuchtig wie die einer Dogge, sein Kopf – auf einer Höhe zwischen Dogge und deutschem Schäfer, seine Schultern – kräftig und breit, und seine Kruppe – wesentlich tiefer und schmaler. Mittlerweile ist er im Verandalicht vor mir – wooow! Mein Adrenalin hat es bereits früher bemerkt und mein Hirn begreift nun auch – kein Hund – dies ist eine Gefleckte Hyäne – auf dem Weg zu mir! Mittlerweile holt mein Wissen mich auch noch ein – kräftigster knochenbrechenden Biss aller Raubtiere hier, und falls im Rudel – eine ungeheure Angriffslust, selbst auf Löwen. Bingo! Mein Adrenalin hat nun endgültig Oberhand gewonnen. In meinem Stuhl hängend habe ich eine extrem schlechte Ausgangsposition. Verteidigung im Hängen nicht möglich, keinen Stock und nix zum Werfen griffbereit. Flucht ist auch keine Alternative, da ich durch die Hyäne in meiner runden Verandaecke eingekesselt bin und auf dem Weg zur Verandatüre ihr den Rücken kehren müsste (eine extrem unerwünschte Position, da mich das Raubtier dann als Beute ansieht). Also erst einmal meine Ausgangslage verbessern! Ruckartig richte ich meinen Oberkörper auf und – sie erschreckt sich noch stärker wie ich, reisst eine Kehrtwende und ist weg. Ein Blick ums Eck, sie ist wirklich nirgends mehr zu sehen. Noch immer mit Adrenalin vollgepumpt gehe ich zu Regi ins Zimmer und sag: „ Jetzt ist eben eine Hyäne vier Meter vor mir gestanden“. Regi aus dem Halbschlaf: „Cool, ich möchte auch eine sehen“, und döst weiter. Ich stehe etwas verdutzt da, hatte mir in meinem Schrecken etwas mehr Anteilnahme erhofft. Rückblickend habe ich erkannt, dass die Situation ungefährlich war. Da ich still und unbewegt auf meiner Veranda sass hat mich die Hyäne auf ihrem Weg erst wahrgenommen, als ich mich aus ihrer Sicht bedrohlich und angriffslustig aufgerichtet hatte. Ihr Spazierweg führte zufällig an meiner Veranda vorbei. Zwei Tage später, nun bei Tag, kommt die Hyäne nochmals mit ihren beiden Jungen im Schlepptau am Zimmer vorbei. Diesmal, auf eine solche Begegnung vorbereitet, finde ich die Zeit Regi zu rufen. Zurück auf der Veranda ist die Mutti bereits weg, aber die Kleinen tollen noch immer herum und eines versucht vergebens ein Mäuerchen zu erklimmen und hängt hilflos an seinen Vorderpfoten und Kinn. Drollig und definitiv noch übungsbedürfig!

Wir haben diese Tage einiges zu Tracking und Guiding dazu gelernt. Unser Trecker DeBeer ist im Busch aufgewachsen und kennt die Tiere und deren Spuren seit klein an. Er ist ein Schangane, der mit 18 Jahren zu seiner Männlichkeitsprüfung ein Jahr in diesem Busch überleben lernte. Er erzeugt kaum ein Geräusch wenn er sich durchs Dickicht bewegt, liest die Tierspuren wie ein offenes Buch, erkennt darin den gesamten Ablauf der Tierbewegungen, deren Richtung und Anzahl. Er ist es gewohnt alleine und unbewaffnet im Busch zu laufen. So ist er manches Mal von unserem Wagen abgestiegen und im Gebüsch verschwunden. Nach einer Weile kam eine Funkanweisung an unseren Guide, in welche Richtung er querfeldein fahren soll.  Dort trafen wir auf DeBeer und die Löwen oder Leoparden. Sein Vertrauen beeindruckt mich sehr, denn bei unserer Ausbildung wurden wir gelehrt, steig nie aus dem Fahrzeug aus, wenn nicht 500 m weit kein gefährliches Tier zu sehen ist. Unser Fahrer Rein hingegen ist der geborene Guide. Ein echter Cowboy, der sich gerne mit Leuten umgibt, denen er mit Fachwissen und spannenden oder einschüchternden Erlebnissen imponieren kann. Regi und ich halten uns mit unserer Faszination und Wahrnehmung der Wildnis mit ihren grossen wie auch kleinen Lebewesen und Wundern auf jeden Fall mehr an DeBeer, was dieser auch freudig mit uns teilt. 

Zum heutigen Abschluss noch einige weitere Fotos, und bis bald.

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