Wir sind nach eineinhalb Wochen Buschkamp zurück im Hauptcamp, dies heisst mehr Komfort mit fliessend kaltem und warmem Wasser, mehr Bewegungsspielraum, aber auch zurück in den Teambildung-Prozessen. Das übliche Leben im Volontariat erinnert uns generell sehr stark an unsere Ausbildung in Ulovane, Obwohl wir als Freiwillige für diesen Aufenthalt einen schönen Bazzen Geld hingeblättert haben werden wir wie Verpflichtete kommandiert. Wir haben die Pflicht zwei Mal am Tag an den Research Aktivitäten teilzunehmen. Dies bedeutet jeweils sechsstündige Pirschfahrten, wir können vor lauter Schmerzen an den Sitzhöckern schon beinahe nicht mehr auf den schmalen und harten Sitzbänken sitzen, oder Walks, schnelle drei- bis vierstündige Fussmärsche durch den Busch, und dies vorwiegend in der Sonne bei 35 bis 41° im Schatten. Ziel ist, nach wechselnden Tagesplänen, gewisse Tiere aufzufinden und zu dokumentieren. Wir zählen die Anzahl der Männchen, Weibchen, Jungerwachsenen, Jugendlichen und Babys und bestimmen bei den Elefanten, Nashörnern und Löwen die Namen der Individuen und Herden. Zurück im Camp müssen wir diese Daten am Computer in die vorgesehenen Listen übertragen. Hinzu kommen weitere Pflichten wie Kochen, Abwasch, Reinigung und Unterhalt.

Die Organisation Syafunda wurde eigens zur Überwachung der Artenvielfalt und des Gleichgewichtes im Makalali Reservat und zur Beratung der Reservat-Besitzer gegründet. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des Öko-Systems und verkörpert ein spannendes Geschäftsmodell zugleich, da die Volontäre die Conservation und Arbeitsplätze der Lokalbevölkerung kostendeckend finanzieren. Es wurde zum Beispiel als Ergebnis erkannt, dass die Elefantenpopulation im Reservat auf dem aktuellen Bestand gehalten werden muss, da sie sonst zu viele Bäume platt macht. Dies wird in Makalali als Vorrzeigemodell erfolgreich durch Empfängnisverhütung erreicht. Die Injektion wird ein mal im Jahr vom Hubschrauber aus verabreicht. Durch den Einsatz von Hubschraubern verbinden die Elefanten diese Störung und Stresssituation nicht mit Menschen, und verbleiben Besuchern gegenüber friedfertig. Die Überpopulation der Löwen hingegen konnte noch nicht zufriedenstellend eingegrenzt werden. Durch versuchte Empfängnisverhütung wurde das Rudelverhalten der Löwen derart beeinflusst, dass sie sich Menschen gegenüber aggressiver zu verhalten begannen. Dennoch ist eine Lösung erforderlich, da sie durch ihre stetig wachsende Zahl die grossen Antilopen wie Kudu und Wasserbock stetig dezimieren. Anderen Reservaten die Löwen verschenken ist nicht möglich, da diese selber ein Überbestand aufweisen. So drängt sich momentan das unpopuläre Schiessen als einzige Lösung auf, worauf aus ethischen Gründen noch verzichtet wird!

Auch während diesem Aufenthalt sammeln wir wundervolle Erlebnisse. Da es diese Tage geregnet hat verwandelt sich der Busch in ein dichtes grünes und blühendes Pflanzen-Meer. Es ist wunderbar diesmal diese Gegend in einer kraftstrotzenden Vegetation zu sehen. Die Wasserlöcher sind gefüllt, die Tiere haben Futter im Überfluss und gebären viele Junge. Es ist schon faszinierend wie rasch die kleinen Geschöpe auf eigenen Beinen stehen und schon nach einigen Tagen agil durch den Busch springen können. Ihr könnt euch vorstellen wie schwer ich Regi davon abhalten konnte die kleinen wolligen Schakal- und Hyänen-Babys einzusacken, dafür durfte ich nicht vom Wagen steigen um die Löwenwelpen zu knuddeln. 

Uns beeindruckt immer wieder aufs Neue, zu Fuss, aber auch im Fahrzeug, weissen und schwarzen Nashörnern, Elefanten, Giraffen Impalas, Nyalas, Gnus (Antilopen), Löwen, Hyänen, Schakalen und Baboons (Paviane) zu begegnen. Auf einer Fahrt fragte ich für einen Pippi Stop mit der Antwort, dieser Platz wäre sicher um gleich hier oder in einer Viertelstunde beim geplanten Stop an einem Damm auszusteigen. Ich habe mich für den Damm entschieden, was ich etwas später bereute. Als wir am Damm ankamen waren zwei Elefanten am Wasser, und kaum standen wir auf dem Damm, kamen noch weitere knackend durchs Gebüsch dazu. Immer mehr Tiere gesellten sich zu den anderen, bis die Herde, dann eine zweite am und im Wasser plantschten. Wir alle bestaunten das Spektakel bis plötzlich vom Rücksitz unseres Dachfreien Fahrzeuges ein atemloses Flüstern kommt. „Hinter unserem Wagen kommt ein weiterer Elefant.» Bei einem Blick nach hinten sehen wir die Matriarchin (Leitkuh) einer dritten Elefantenherde einen Meter hinter der Rückbank stehen bleiben, unser Fahrzeug betrachten und überlegen. Sie wirkt entspannt, doch in der Rückbank rutschen die Mädels ganz schön nervös auf dem Hintern umher, da noch weitere Tiere hinter der Matriarchin auflaufen. Nach einer laaangen Minute dreht die Matriarchin mit dem Namen Queeny ab, trottet vom Damm herunter, umrundet unser Fahrzeug, steigt davor wieder zur Dammkrone hoch und setzt ihren Weg auf dem Damm fort. Die ganze Herde folgt ihrem Beispiel und umrundet friedvoll unsern Wagen. Die weiteren Herden ziehen nun auch davon wobei einige Tiere auf unser Auto zukommen, ihren Rüssel heben, uns aus nächster Nähe beschnuppern und dann weiterziehen. Dumpf grummelnd kommunizierend, fressend, büsche rupfend und geräuschvoll ziehen alle Tiere gemächlich an uns vorbei. Wow, diese Giganten beinahe greiffen zu können beeindruckt uns sehr. Zum Glück hat unsere Rangerin Emma die Tiere identifiziert und gezählt, denn in unserem Staunen und Bewundern haben wir Volontäre dies völlig vergessen. So nahe an den Elefanten ist noch immer nicht an Pipi Stop zu denken, so drehen wir um und verlassen den Damm. Doch dreissig Meter hinter uns steht nun einer der weissen Nashornbullen, Madoda in unserer Fahrspur und blockiert standhaft unseren Rückzug obwohl Emma bis auf zehn Meter heranrückt. Er vollführt als Kräftemessen seinen anscheinend berühmten Madoda-Tanz, versteckt sich breit sichtbar hinter einem schmalen Busch am Wegrand und tanzt erneut vor unserem Wagen. Weil Emma unbeeindruckt stehen bleibt merkt Madoda, dass wir von seinem Auftritt nicht beeindruckt sind und zieht sich allmählich zurück. Aus meiner Viertelstunde wurden bis zum definitiven Stop beinahe zwei Stunden. Merke – schiebe im Busch nie auf, was du sofort kannst besorgen. Bei einem Fussmarsch begegnen wir dann erneut Madoda und als er bis auf zehn Meter auf uns zukommt (die Nashörner sehen ja beinahe nichts) stellt sich unser Ranger Mike ihm ruhig zusprechend in den Weg und deckt unseren schleichenden Rückzug.

Zu guter Letzt konnten wir noch einen wirklich wichtigen Beitrag zu diesem Projekt beisteuern. Bei Sonnenuntergang auf einer stark belebten Hochebene im Gegenlicht rufe ich Nashorn, der Ranger Stefan ruft Black Wildebeest (Gnu) zurück, ich Nashorn, er Gnu, ich Neun Uhr er Elf Uhr, dann bestätigten wir beide – schwarzes Nashorn Neun Uhr. Dank meinen Fotos und der Hilfe eines herbeigerufenen Schutzverantwortlichen konnten wir einen seit einer Woche vermissten Nashorn-Bullen Arthur identifizieren. Am Abend durfte ich auf Grund meiner Fotos dann auch noch die Nachfrage nach dem GPS-Trackingband beantworten. So hat für uns dieser Aufenthalt letztendlich doch noch einen bedeutsamen Charakter erhalten.

Tschüss, bis bald

2 comments on “Syafunda II

  • Liebe Regina und Dany,
    wir verfolgen eure reise mit grossem Interesse und fas physischer Anteilnahme. Wir haben all das afrikanische Wild ebenfalls in freier Wildbahn erlebt aber eben nicht ganz so hautnah wie ihr. Auch waren unsere Camps wahrscheinlich komfortabler und deshalb weniger aufregend. Wenn auch Weihnachten bei euch weitgehend ins ziemlich heisse Wasser gefallen ist hoffen wir, dass die vielen aufregenden Erlebnisse in freier Wildbahn euch dafür mehr als entschädigt haben . Wirsind gespannt zu hören wie denn der Rutsch in`s Neue Jahr verlaufen ist und grüssen euch herzlich aus der alten Heimat.

    Gisbert und Erika

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